Bun­des­tag ent­schei­det gegen Impfpflicht

Als eines von weni­gen Län­dern der Welt woll­te Deutsch­land einen der radi­kals­ten Schrit­te der gesund­heit­li­chen Bevor­mun­dung und »hygie­ni­schen« Ver­fas­sungs­be­schnei­dung gehen: den Weg der all­ge­mei­nen Impf­pflicht. Doch die wur­de – in ihrer bereits rela­ti­vier­ten Form für Betrof­fe­ne ab 60 Jah­ren – am 7. April 2022 vom Bun­des­tag mit deut­li­cher Mehr­heit von 378 zu 296 Stim­men abge­lehnt. Der Bun­des­kanz­ler hat­te noch 2020 wie vie­le wei­te­re dama­li­ge Regie­rungs­mit­glie­der ver­si­chert, es wer­de kei­ne Impf­pflicht in Deutsch­land geben. Doch schon rund ein Jahr spä­ter wur­de er wort­brü­chig und sah dar­in den ein­zi­gen Weg aus der Pan­de­mie – im Rücken fast alle gro­ßen Medi­en, die Medizin‑, Phar­ma- und Klinik­bran­che, Ver­bän­de, Bil­dungs­ein­rich­tun­gen, Behör­den, Insti­tu­tio­nen und sogar Kir­chen. Auch der Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter, der sich 2020 klar gegen die­se Radi­kal­maß­nah­me aus­ge­spro­chen hat­te, kämpf­te mit apo­ka­lyp­ti­schen Pro­phe­zei­un­gen, fal­schen Zah­len und düs­te­ren Ahnun­gen für den amt­li­chen Verfassungsbruch.

Unsin­nig­keit einer Impf­pflicht wur­de immer offensichtlicher

Doch alle Pro­pa­gan­da, Tugend‑, Angst- und Soli­da­ri­täts­kam­pa­gne half nichts: Mit Omi­kron wur­de Coro­na all­ge­mein sicht­bar und ent­pupp­te sich als bana­le Erkäl­tungs­grip­pe statt als töd­li­ches Virus. Zwar hielt sich das Mär­chen hart­nä­ckig, dass bis zur Del­ta­va­ri­an­te die Kli­ni­ken mit töd­lich Infi­zier­ten geflu­tet gewe­sen wären und Omi­kron nun – just als sich Coro­na der Öffent­lich­keit zeig­te – plötz­lich harm­los gewor­den sei. Außer­dem habe nur die Imp­fung die Bevöl­ke­rung vor Schlim­me­rem bewahrt. Doch obwohl die Öffent­lich­keit die­se Fan­ta­sie schluck­te, blieb den­noch die Fra­ge: War­um eine Impf­pflicht, wenn die Imp­fung nachweislich:

  • nicht vor Infek­tio­nen und Über­tra­gung schützt
  • kei­ne ande­ren Men­schen schützt
  • rund 50 Mal so vie­le Neben­wir­kun­gen ver­ur­sacht wie her­kömm­li­che Impfungen
  • kaum gegen Omi­kron wirkt

Rela­ti­vie­rung konn­te tota­li­tä­rem Vor­ha­ben nicht mehr helfen

Zudem wur­de immer deut­li­cher, dass Geimpf­te und Unge­impf­te ähn­lich von der Krank­heit betrof­fe­nen waren und auch ent­spre­chend hos­pi­ta­li­siert wur­den. Auch der Trick der Coro­na-Hard­li­ner, die Impf­pflicht durch eine Begren­zung auf ab 50-Jäh­ri­ge (fast die Hälf­te der Bevöl­ke­rung!) und schließ­lich ab 60 zu rela­ti­vie­ren, half nichts mehr – das tota­li­tä­re Vor­ha­ben war ver­lo­ren. Wäh­rend Medi­en wie Spie­gel und Focus ange­sichts der Bun­des­tags­ent­schei­dung »tob­ten«, erklär­te Sahra Wagen­knecht dazu: „Wie gut die Imp­fung gegen künf­ti­ge Muta­tio­nen hilft, weiß kein Mensch – und trotz­dem hal­ten sie an einer Impf­pflicht fest, weil der Kanz­ler sich durch­set­zen muss?“ »Die Impf­stof­fe schütz­ten nicht davor, sich und ande­re anzu­ste­cken, schwe­re Ver­läu­fe sei­en mit Omi­kron so sel­ten, dass selbst bei Rekord-Inzi­denz die Kli­ni­ken nicht über­las­tet wären, so Wagen­knecht laut reit​schus​ter​.de.

Absur­de Argu­men­ta­ti­on pro­phy­lak­ti­scher Grundrechtsverletzungen

Das Argu­ment des Gesund­heits­mi­nis­ters Lau­ter­bach, dass im Herbst wie­der viel töd­li­che­re Virus­va­ri­an­ten zu erwar­ten sei­en, gegen die man dann die (ver­pflich­ten­de) Imp­fung brau­che, war in zwei­er­lei Hin­sicht absurd: Zum einen dür­fen in einem Rechts­staat nie­mals Grund­rech­te vor­sorg­lich ein­ge­schränkt wer­den (hier: durch Zwangs­be­hand­lung), weil in Zukunft ein­mal ein Not­stand auf­tre­ten könn­te (an dem etwa 0,1 % der unmit­tel­bar Betrof­fe­nen ster­ben wer­den). Glei­cher­ma­ßen könn­te man alle Men­schen von Geburt an inhaf­tie­ren, weil etwa 5 % von ihnen im Lauf des Lebens straf­fäl­lig wer­den – eine infan­ti­le und anti­de­mo­kra­ti­sche Hal­tung, die ledig­lich das pan­de­mi­sche Erzäh­lungs­ge­bäu­de (töd­li­che Pan­de­mie, ret­ten­de Imp­fung, Tugend, star­ker Staat) ver­schlei­ern soll, um das es eigent­lich geht. Zum ande­ren rich­tet sich die Imp­fung gegen die längst nicht mehr exis­tie­ren­de Alpha­va­ri­an­te und hat bereits bei Omi­kron ihre ohne­hin beschei­de­ne Wirk­sam­keit nahe­zu ver­lo­ren. Dass sie auf ein­mal gegen eine kom­men­de, noch unbe­kann­te Vari­an­te wirkt oder für die­se ein neu­es, plötz­lich wirk­sa­mes Vak­zin erfun­den wird, ist rein spe­ku­la­tiv – sicher­lich kei­ne Grund­la­ge für ein Gesetz.

Glück­li­che Fügung: Unei­nig­keit der Parteien

Zugleich gibt zu den­ken, dass Medi­en, Minis­ter­prä­si­den­ten, Ver­bän­de und Insti­tu­tio­nen bis zuletzt die Impf­pflicht hef­tig ver­tei­dig­ten und sich immer noch 296 Abge­ord­ne­te für die­se anti­de­mo­kra­ti­sche Maß­nah­me aus­spra­chen. Ein Glücks­fall für die betrof­fe­ne Bevöl­ke­rung war hier­bei die Unei­nig­keit unter und in den Par­tei­en: Wäh­rend Grü­ne und SPD stramm hin­ter der »hei­li­gen Pflicht« stan­den, woll­te es die CDU dif­fe­ren­zier­ter, FDP und Lin­ke über­wie­gend lie­ber nicht und die AFD auf kei­nen Fall.

Regie­rung stürzt von einem Bedro­hungs­rausch in den nächsten

Die Zer­split­te­rung des ehe­ma­li­gen Impf­blocks trug eben­so zum Plu­ra­lis­mus bei wie der Ukrai­ne­krieg: Qua­si über Nacht schien mit dem Ein­marsch Russ­lands in die Ukrai­ne die Pan­de­mie über­wun­den. Wie­ler, Dros­ten und Lau­ter­bach konn­ten ihre Hor­ror­pro­gno­sen nun dem Weih­nachts­mann erzäh­len. So waren auf ein­mal die Kli­ni­ken nicht mehr von Über­las­tung und die Völ­ker der Erde nicht mehr vom töd­li­chen Virus bedroht – son­dern vom bösen Rus­sen. Aus Ber­ga­mo wur­de But­scha, aus Coro­na Putin, aus Impf­lie­fe­run­gen Waf­fen­lie­fe­run­gen – und aus der Impf­pflicht die Wehr­pflicht (zumin­dest in der Dis­kus­si­on). Nur weni­gen schien auf­zu­fal­len, dass sich Medi­en und Poli­tik dabei ein­fach von einem tota­li­tä­ren Bedro­hungs­rausch in den nächs­ten stürz­ten und wei­ter­hin – unzwei­fel­haft erns­te, aber zu dif­fe­ren­zie­ren­de – Ereig­nis­se gro­tesk über­höh­ten und durch feh­len­de Bezü­ge als Ama­ged­don insze­nier­ten – und damit erst gefähr­li­che Eska­la­tio­nen und Kri­sen pro­du­zier­ten. Somit bleibt zu hof­fen, dass auch hin­sicht­lich ande­rer aktu­el­ler Ereig­nis­se und Beob­ach­tun­gen bald wie­der Plu­ra­lis­mus, Ent­span­nung und Bezü­ge einkehren.

Gelenk­te Auf­merk­sam­keit und mani­pu­la­ti­ve Zahlendrehereien

Bei­spiel eines Bezugs zum The­ma Krieg: Nach­dem die USA mit eini­gen Ver­bün­de­ten im Jahr 2003 ohne jedes Man­dat den Irak über­fie­len, star­ben in der Fol­ge rund eine Mil­li­on Men­schen, davon rund 500.000 ira­ki­sche Zivi­lis­ten. Es gab weder Sank­tio­nen, noch Nato­auf­mär­sche gegen den Aggres­sor, Demons­tra­tio­nen, Schwei­ge­mi­nu­ten oder hass- und ver­ach­tungs­trie­fen­de Medi­en­be­rich­te, son­dern mehr oder weni­ger ver­hal­te­nen Applaus. Im Jemen tobt gera­de ein Ver­nich­tungs­krieg gegen die Bevöl­ke­rung unter Sau­di-Ara­bi­scher Füh­rung, zu Tei­len mit deut­schen Waf­fen. Bis­lang star­ben dort rund 300.000 Zivi­lis­ten – fast ohne media­les, huma­ni­tä­res oder poli­ti­sches Echo. In der Ukrai­ne star­ben bis­lang laut UN-Anga­ben 1.400 Zivi­lis­ten. Natür­lich hin­ken Zah­len­ver­glei­che immer, weil es um Men­schen geht. Den­noch zei­gen sie, wie man ein ein­zel­nes Ereig­nis medi­al kata­stro­phi­sie­ren und zugleich ande­re baga­tel­li­sie­ren kann, indem man Auf­merk­sam­keit lenkt und auf Ver­gleichs­grö­ßen ver­zich­tet. Glei­ches gilt auch für die Coro­na­zah­len. Hier wird von rund 300 Toten pro Woche gespro­chen. Es wird aber nicht erklärt, dass die meis­ten davon nicht an Coro­na, son­dern ledig­lich test­po­si­tiv (z. B. Krebs­kran­ke) ver­star­ben – und dies mit einem Alters­schnitt über der natür­li­chen Lebens­er­war­tung. Zum ande­ren wird nicht erwähnt, dass natür­li­cher­wei­se über 18.000 Men­schen in Deutsch­land pro Woche ster­ben – meist weil sie alt und krank sind – und die meis­ten der angeb­li­chen Coro­na­to­ten unter die­se Grup­pe fal­len. Somit müss­te man vor Unfäl­len und Ver­gif­tun­gen deut­lich mehr Angst haben, von Herz-Kreis­lauf- oder Tumor­er­kran­kun­gen ganz zu schweigen.

Gesund­heit und Glück sind kei­ne abso­lu­ten Größen

Dies bringt uns zurück zum Aus­gangs­punkt: Darf der Staat die Bevöl­ke­rung zum ver­meint­lich gesun­den Ver­hal­ten zwin­gen, also z. B. auch Über­ge­wich­ti­gen den Restau­rant­be­such oder Bikern das Motor­rad­fah­ren ver­bie­ten? Dies wür­de zwei Pro­ble­me auf­wer­fen. Zum einen gehört es zur grund­recht­lich garan­tier­ten Selbst­be­stim­mung, sich so gesund oder unge­sund zu ver­hal­ten, wie man es möch­te. Scho­ko­la­de, Fal­schirm­sprin­gen, Ski‑, Moun­tain­bike- und Motor­rad­fah­ren, toxi­sche Bezie­hun­gen, Chips, Fleisch­wurst, Ziga­ret­ten, Rot­wein und düs­te­re Medi­en­be­rich­te: Sie alle ver­kür­zen das Leben im Schnitt nach­weis­lich und sind den­noch erlaubt – weil ansons­ten die Men­schen zu »Robo­tern« umfunk­tio­niert wür­den, deren Selbst­zweck das sinn­freie Ansam­meln mög­lichst vie­ler Lebens­jah­re auf Kos­ten des Lebens selbst wäre. Zum ande­ren gibt es kei­ne abso­lu­ten, all­ge­mein­gül­ti­gen Aus­sa­gen über gesun­des Leben. Für Unter­ge­wich­ti­ge kön­nen „unge­sun­de“ Lebens­mit­tel lebens­ret­tend sein. Und laut WHO han­delt es sich bei Gesund­heit schlicht um den »Zustand voll­stän­di­gen kör­per­li­chen, geis­ti­gen und sozia­len Wohl­be­fin­dens«. Nie­mand könn­te für einen Men­schen bestim­men, wann sich die­ser so fühlt. Fragt man Betrof­fe­ne zum The­ma Wohl­be­fin­den, nen­nen sie Fak­to­ren wie Lie­be, Gemein­schaft, Humor, Fami­lie, Sport, Rei­sen oder Hob­by – aber nie Imp­fun­gen, Ope­ra­tio­nen, Tablet­ten, Mas­ken, sozia­le Distanz, Anti­kör­per oder poli­ti­sche Solidarität.

Zwangs­ge­sund­heit ver­kürzt Lebenserwartung

Ohne­hin gilt eine zwang­haft gesun­de Lebens­wei­se und Gesund­heits­vor­sor­ge als eine der größ­ten Gesund­heits­ge­fah­ren – weil sie Lebens­freu­de neh­men und hier­durch sogar die Lebens­er­war­tung ver­kür­zen. In der Ernäh­rung nennt sich dies Orthor­e­xie. Somit kann nie­mand abso­lu­te gesund­heit­li­che Wahr­hei­ten und Ver­hal­tens­re­geln auf­stel­len – und die­se den Men­schen schon gar nicht vor­schrei­ben. Ohne­hin rich­ten sich Vor­schrif­ten nur an »Regel­bre­cher«, sol­len also abtrün­ni­ge Men­schen zwin­gen, sich gegen ihren Wil­len, ihre Intui­ti­on und ihre Sou­ve­rä­ni­tät staat­li­cher Auto­ri­tät zu unter­wer­fen und dafür ihre Frei­heit, Wür­de und Selbst­be­stim­mung auf­zu­ge­ben. Dies ist tota­li­tär und gewalt­sam, aber sicher­lich nicht gesund – weder für die Betrof­fe­nen noch für ihre Mit­men­schen. Nicht Gesund­heit, son­dern Ver­lust an Selbst­be­stim­mung und Ver­trau­en sowie gesell­schaft­li­che Spal­tung wäre die Fol­ge eines sol­chen mensch­lich­keits- und sinn­fer­nen Tugend­dik­tats. Und bekannt­lich gilt: Wo Moral drauf­steht, ist nie Moral drin.

Kata­stro­phi­sie­rung leis­tet tota­li­tä­rem Aus­bau Vorschub

Vie­le Men­schen, die sich bereits auf ihre Aus­wan­de­rung oder ande­re essen­zi­el­le Schutz­maß­nah­men vor­be­rei­tet haben, atmen nun auf. Doch gilt es, wach­sam zu blei­ben. Denn durch die Gleich­schal­tung der Medi­en, inter­na­tio­na­le Olig­ar­chie und die Mora­li­sie­rung der gesam­ten gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Kul­tur befin­det sich unser Sys­tem wei­ter in einem tota­li­tär auf­ge­heiz­ten Modus, ob in Sachen Kli­ma, Mili­ta­ris­mus, Extre­mis­mus oder Dis­kri­mi­nie­rung. Alle die­se und belie­bi­ge wei­te­re Pro­ble­me kön­nen durch Kata­stro­phi­sie­rung als Moto­ren für einen tota­li­tä­ren Umbau von Staat und Gesell­schaft – und gegen Ent­span­nung, Plu­ra­lis­mus, Demo­kra­tie, Gemein­schaft und Ver­söh­nung – ver­wen­det wer­den. Somit muss das ent­gleis­te polit­me­di­al-insti­tu­tio­nel­le Gesin­nungs­sys­tem erst wie­der an demo­kra­ti­sche Kor­rek­ti­ve, die Bevöl­ke­rung und ihre Bedürf­nis­se gekop­pelt wer­den, bevor von wirk­li­cher Ent­span­nung gespro­chen wer­den kann. Aber ein Etap­pen­sieg ist mit der aktu­el­len Bun­des­tags­ent­schei­dung geschafft. Und ganz sicher haben die Mil­lio­nen Men­schen dazu bei­getra­gen, die für ihre Frei­heit – und die ihrer Mit­men­schen – seit Mona­ten auf die Stra­ße gehen.

»Guter Tag für die Demokratie«

Boris Reit­schus­ter zur Ableh­nung der Impf­pflicht: »Der 7. April ist ein guter Tag für unse­re Demo­kra­tie und unse­ren Rechts­staat. Im Bun­des­tag erleb­ten die Coro­na-Aya­tol­lahs eine her­be Nie­der­la­ge. Das zeigt: Angst und Ideo­lo­gie sind zwar immer noch vor­han­den, aber sie haben im Par­la­ment kei­ne Mehr­heit mehr, die Stim­me der Ver­nunft wird lauter.«

Text: Chris­ti­an Zehenter
Bild­quel­le: Ado­be Stock/ Dan Race